Ziehl-Abegg: Innovative Wege im Recruiting
Ziehl-Abegg / Ufuk Arslan

Ziehl-Abegg: Innovative Wege im Recruiting

Der Ventilatorenhersteller steigert seine Bekanntheit sowie Arbeitgeber-Attraktivität mittels TikTok und E-Sport
14.04.2025von Stefanie Hütz

„Sei mutig“ und „be different“, das hat man sich in Künzelsau auf die Fahne geschrieben. Das seit vier Generationen inhabergeführte Unternehmen ist auf dem besten Weg, weiterhin Champion, aber nicht mehr „Hidden“ zu sein. Mit außergewöhnlichem Marketing gelang es, ein sympathisches öffentliches Image aufzubauen, das offenbar gleichermaßen Fachkräfte wie Kunden anzieht.

„Sie arbeiten bei Ziehl-Abegg? Ach, das ist doch die coole Firma von TikTok“ – Aussagen wie diese bekommt Rainer Grill, Leiter der Öffentlichkeitsarbeit und früherer Journalist, inzwischen häufiger zu hören. Auch auf seinen „tollen Hüftschwung“ wurde er bereits angesprochen. 2020 startete er mit seinem Team witzige Videos aus dem Firmenalltag – Tanzszenen inklusive – und erklärt dazu: „Wir sind ein B2B-Unternehmen, weltweit erfolgreich zwar, aber ein Zulieferer, von dem außerhalb der Fachkreise normalerweise kaum jemand etwas mitbekommt. Wenn man jedoch Talente an Bord holen will, braucht man Sichtbarkeit.“ Und genau die wurde inzwischen durch verschiedenste Maßnahmen geschaffen.

Bringen von Künzelsau aus gute Laune in die Welt: Rainer Grill, Tamara Hirmann (links) und Rebecca Amlung vom TikTok-Kernteam.Ziehl-Abegg / Ufuk Arslan

Bringen von Künzelsau aus gute Laune in die Welt: Rainer Grill, Tamara Hirmann (links) und Rebecca Amlung vom TikTok-Kernteam.

Weihnachtsvideo ging viral

Das letzte Weihnachtsvideo auf TikTok haben sich innerhalb von einer Woche 4,4 Millionen Menschen angeschaut. Gut 43.000 haben es gelikt, 2.212 haben es weitergeschickt und 4.859 abgespeichert. Von den 4,4 Millionen zählte zuvor nur ein Prozent zu den Followern, 92 Prozent hatten zuvor noch nie ein Ziehl-Abegg-Video gesehen. „Das ist alles organische Reichweite“, freut sich Rainer Grill, und fügt amüsiert hinzu: „TikTok-Videos müssen keinen Sinn, nur Spaß machen.“ TikTok-User seien übrigens entgegen der weit verbreiteten Meinung keineswegs nur Kinder und Jugendliche, der Altersschwerpunkt liege nach eigener Erfahrung zwischen 20 und 35 Jahren. „Habt Ihr Vakanzen im Bereich Finance Controlling?“ – diese Anfrage sei beispielsweise bereits über die Social-Media-Plattform eingegangen, auch nach Plätzen in der Konstruktion, Software-Entwicklung, Qualitätssicherung wurde an dieser Stelle schon gefragt. Jemand anderes kommentierte ein Video mit den Worten: „Sehr sympathisch. Bei euch muss ich mich bewerben.“ Worauf die Antwort des Ziehl-Abegg-Teams blitzschnell lautete: „Dann mach‘ mal.“ Community Management nennt man das in Künzelsau. Auch der leitende Produktmanager eines großen Kunden oute sich mit seinen Likes und Kommentaren immer wieder als Fan. „Und das alles, während andere über TikTok lachen“, so der PR-Chef.

Tanzen gegen den Fachkräftemangel

Apropos Lachen: „Tanzen gegen den Fachkräftemangel“ – unter diesem Titel hat sogar die Fernsehsendung „heute show“ schon einen Beitrag über Ziehl-Abegg gebracht. Nachdem „Plusminus“, das „RTL Nachtjournal“ und „ntv“ ebenfalls berichteten, hätten sich die Zugriffe auf die Karriereseite verneunfacht. Es kommt also an, was das TikTok-Team tut. Dabei sind die Inhalte oftmals völlig losgelöst von den Produkten des Unternehmens und seiner Ingenieursleistung, mit der sich Ziehl-Abegg sonst definiert. Der Sympathie-Faktor und das transportierte menschliche Mindset punkten. „Man muss beim Recruiting heute komplett anders denken“, regt Rainer Grill aus Überzeugung an, und ergänzt: „Ich hätte selbst nicht gedacht, dass es derart gut läuft.“

Auch mit E-Sport-Turnieren spricht Ziehl-Abegg erfolgreich (junge) Menschen an.Ziehl-Abegg / Ufuk Arslan

Auch mit E-Sport-Turnieren spricht Ziehl-Abegg erfolgreich (junge) Menschen an.

Deutlich höherer Bewerbungseingang

2020 hat Ziehl-Abegg darüber hinaus das Projekt E-Sport gestartet, zunächst nur betriebsintern. „Einen Abend in der Woche haben sich Mitarbeitende getroffen, um virtuell mit- und gegeneinander zu spielen, wie eine Art Betriebssportgruppe“, berichtet Rainer Grill. 2021 dann wurde das erste öffentliche Turnier veranstaltet, an dem sogar internationale Teams teilnahmen. Der Hintergedanke: „Was soll ein junger Ingenieur oder eine junge Ingenieurin mitbringen? Er beziehungsweise sie soll onlineaffin sein, teamfähig, entscheidungsfreudig und fit in der englischen Sprache. All das zeichnet Gamer aus.“

Hohe Reichweite mit niedrigen Kosten

Ziehl-Abegg hat inzwischen außerdem „Social Media Days“ veranstaltet, auf denen Marketing-Fachwissen geteilt wird, bereits bei der Premiere mit 140 Teilnehmenden.  2024 wurde zum ersten Mal der „AI Communication Award“ verliehen, wohl wissend, dass Künstliche Intelligenz zum beherrschenden Thema der nächsten Jahre wird. Internationale Computermagazine haben darüber berichtet Auch KI-Hochschulprofessoren, u.a. aus Stanford, Oxford und Tokio, wurden auf diese Weise auf Ziehl-Abegg aufmerksam und besuchten das Unternehmen, als sie zu einem Netzwerktreffen nach Deutschland reisten.  „Wir erzielen Reichweite, die wir mit normaler PR niemals erreichen würden“, ist Rainer Grill begeistert. Ein Resultat: „Im Februar 2024 beispielsweise habe ich unseren IT-Ausbilder gefragt: Wie sieht es bei unseren Ausbildungs- und dualen Studienplätzen aus? Müssen wir noch Werbung machen? Er antwortete: Wir sind überbucht. Ich muss guten Bewerbern absagen.“ Mit Blick auf die Zukunft ist Rainer Grill aber natürlich bewusst: „Wir müssen immer wieder Neues liefern.“

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