Die Daniel Düsentriebs der deutschen Wirtschaft
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Die Daniel Düsentriebs der deutschen Wirtschaft

Innovation ist ein Markenkern der Hidden Champions. Wie steht es aktuell um ihren Erfindergeist und wie um den der deutschen Wirtschaft insgesamt? Mit welchen Maßnahmen fördern die Unternehmen Forschung und Entwicklung?
05.05.2025von Stefanie Hütz

Nach Steigerungen um jeweils etwa sieben Prozent erreichten die Innovationsausgaben der deutschen Wirtschaft 2022 und 2023 Rekordwerte. 203,4 Milliarden Euro wurden 2023 hierzulande in Forschung und Entwicklung investiert. Das meldet das Leibniz-Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW) auf Basis seiner jährlichen Innovationserhebungen. Traditionell überdurchschnittlich mit dabei: die Hidden Champions. Für diesen Beitrag gewähren Igus, Testo und Ziehl-Abegg Einblicke in ihre Innovationsprozesse.

Laut Prof. Dr. Hermann Simon geben Hidden Champions doppelt so viel für Forschung und Entwicklung aus wie der Durchschnitt der Industrie. Sie melden außerdem fünfmal mehr Patente an. Dr. Christian Rammer, stellvertretender Leiter des ZEW-Forschungsbereichs "Innovationsökonomik und Unternehmensdynamik", bestätigt: „Innovation ist der Markenkern von Hidden Champions. Nur durch einen hohen Innovationsgrad ihrer Produkte und Dienstleistungen sind sie in der Lage, sich als vergleichsweise kleine Unternehmen auf globalen Märkten zu behaupten. Hidden Champions zeichnen sich aber nicht nur durch überdurchschnittliche Innovationsausgaben aus, sondern zudem durch sehr effiziente Innovationsprozesse, die auf eine rasche Markteinführung von Neuerungen abzielen und neue Kundenbedürfnisse sowie Nachfragetrends schnell aufgreifen.“

Dr. Christian Rammer, stellvertretender Leiter des ZEW-Forschungsbereichs „Innovationsökonomik und Unternehmensdynamik“.ZEW

Dr. Christian Rammer, stellvertretender Leiter des ZEW-Forschungsbereichs „Innovationsökonomik und Unternehmensdynamik“.

Wie viel deutsche Unternehmen in Innovation investieren

Was heißt überdurchschnittlich konkret? „Im Jahr 2023 betrugen die Innovationsausgaben deutscher Unternehmen im Durchschnitt 2,7 Prozent des Umsatzes“, berichtet Dr. Christian Rammer. Petra Toischer, Mitglied im Vorstand des Hidden Champions Testo, Messtechnik-Spezialist mit Sitz in Titisee-Neustadt, hingegen sagt: „Wir investieren laufend rund zehn Prozent unseres Jahresumsatzes in Forschung und Entwicklung.“ Sieben Prozent sind es beim Ventilatorenhersteller Ziehl-Abegg, der sich laut Angaben seines CEO Joachim Ley „in der größten Investitionsphase seiner Geschichte befindet“. Wobei laut Dr. Christian Rammer selbst die 2,7 Prozent im internationalen Vergleich einen hohen Wert darstellen: „In Europa weisen nur Schweden und die Schweiz eine höhere Innovationsintensität auf. Global gesehen liegen uns für die USA, Japan, Südkorea und China allerdings leider keine Vergleichszahlen vor.“

Mehr Investition in Software als in Maschinen und Geräte

Die Innovationsausgaben deutscher Unternehmen befinden sich also auf Wachstumskurs. Daneben stellt Dr. Christian Rammer auch strukturelle Veränderungen fest: „Wir beobachten seit vielen Jahren eine Verschiebung der Innovationsausgaben hin zu frühen Phasen des Innovationsprozesses und weg von investiven Ausgaben. Diese Entwicklung steht im Zusammenhang mit der Digitalisierung. Viele Innovationsprojekte benötigen heute vor allem Software-Entwicklung und weniger die Anschaffung von Sachanlagen wie Maschinen oder Geräten. Auch die systemische Nutzung von Daten hat sich in Deutschland zu einem zentralen Faktor für Innovation und Effizienz entwickelt. Besonders verbreitet ist das Sammeln und Analysieren interner Prozessdaten.“

Die Investitionsausgaben in Prozent vom Umsatz (hier 2023) fallen je nach Branche sehr unterschiedlich aus.

Die Investitionsausgaben in Prozent vom Umsatz (hier 2023) fallen je nach Branche sehr unterschiedlich aus.

Nachhaltigkeit ist ein wichtiges Innovationsthema bei Igus

Ein weiterer Trend wird am Hidden Champion Igus deutlich, Experte für technische Kunststoffe in bewegten Anwendungen. Ein Ziel des Unternehmens: „Nachhaltigkeit soll Bestandteil jeder Produktinnovation sein.“ Zur Hannover Messe 2025 wurden 277 Neuheiten vorgestellt, „30 mehr als im Vorjahr“, so Tobias Vogel Geschäftsführer Gleitlager- und Lineartechnik. Ein Beispiel: Igus bietet nun auch PTFE-freie Gleitlager an. Polytetrafluorethylen (PTFE) gilt als teils gesundheitsgefährdende Ewigkeitschemikalie. „Wir forschen daher schon seit einigen Jahren an Alternativen, unabhängig davon, ob es ein Verbot geben wird.“ Erfreuliches Ergebnis: „Untersuchungen im hauseigenen Testlabor zeigen sogar eine deutlich bessere Performance der Werkstoffe mit substituiertem PTFE.“ Man kann also von einer Win-Win-Situation sprechen.

Ziehl-Abegg orientiert sich an der Natur und setzt auf Bionik

Das Unternehmen Ziehl-Abegg wiederum, das mehr als 300 Ingenieure und Techniker in der F&E-Abteilung beschäftigt, orientiert sich bei seinen Innovationen an der Natur. Bionik heißt der Leitbegriff. „2006/2007 haben wir erstmals einen Ventilator auf den Markt gebracht, dessen Hinterkante gezackt ist. Wie bei dem Federkleid der Eule entstehen dadurch kleine Verwirbelungen, die die Geräuschentwicklung und auch den Energieverbrauch reduzieren“, erläutert Joachim Ley und fügt hinzu: „Von Bienenwaben haben wir uns abgeschaut, wie wir bei gleicher Festigkeit Material sparen können, und auch Baum und Buckelwal dienten uns bereits als Vorbild.“

Futuristisch: Ziehl-Abegg betreibt den nach eigenen Angaben weltgrößten kombinierten Mess- und Prüfraum für Ventilatoren.

Futuristisch: Ziehl-Abegg betreibt den nach eigenen Angaben weltgrößten kombinierten Mess- und Prüfraum für Ventilatoren.

Innovation braucht Freiraum und Talente

So wie Igus über ein riesiges Testlabor verfügt, betreibt Ziehl-Abegg den nach eigenen Angaben weltgrößten kombinierten Mess- und Prüfraum für Ventilatoren. Der Name „InVent“ basiert dabei auf einer sprachlichen Verschmelzung der Begriffe „Innovation“ und „Ventilation“. Der CEO betont außerdem: „Zum Innovieren braucht man Freiraum. Wir beschäftigen einige Experten, die ohne Produktionsdruck völlig frei forschen und entwickeln können, die also bereits an den Lösungen von übermorgen arbeiten. Und es braucht Talente, weshalb wir ungewöhnliche Wege im Recruiting gehen.“ (Hinweis: Den separaten Beitrag zum Thema Recruiting bei Ziehl-Abegg finden Sie hier).

Bei Igus hat man „Rituale“ zur Förderung von Innovation und Kreativität eingeführt, verrät Michael Blass, Geschäftsführer E-Kettensysteme: „Einmal im Jahr befragen wir unsere Kunden: Was wünscht Ihr euch von uns? Wo können wir euch helfen? Zudem führen wir Innovations-Workshops mit unseren Kunden durch, um gemeinsam Lösungen für verschiedene Branchen zu entwickeln, und wir hören im Vertrieb sowie auf Messen genau hin. Als weitere interne Maßnahme treffen wir Geschäftsführer jeden Freitag die Teams der Forschungs- und Entwicklungsabteilung zum kontinuierlichen Austausch.“

Kollaborative Roboter sind ein Innovationsfeld von Igus.igus GmbH

Kollaborative Roboter sind ein Innovationsfeld von Igus.

Auch bei Testo wird in interdisziplinären Teams gearbeitet. „Wir pflegen eine offene Unternehmenskultur mit agilen Arbeitsmethoden. Darüber hinaus kooperieren wir traditionell eng mit Universitäten beziehungsweise Hochschulen und investieren in die gezielte Entwicklung von Talenten und Fähigkeiten bei unseren Mitarbeitenden“, zählt Petra Toischer wichtige Innovationstreiber auf. Dazu zählt, „dass wir über unsere knapp 40 Vertriebsgesellschaften ein tiefes Verständnis für die Bedürfnisse unserer Kunden sammeln und diese Impulse in die Produktentwicklung einfließen zu lassen“.

Module befeuern bei Testo die Geschwindigkeit

Aufgrund des „wettbewerbsdynamischen Umfelds“ würden die Produktlebenszyklen bei Testo zunehmend kürzer. „Deshalb haben wir unsere produktspezifische Entwicklung auf die sogenannte ‚Funktionsmodulbasierte Innovation (FMbI)‘ umgestellt.“ Das bedeutet: Einzelne Module kommen in verschiedenen Produkten zum Einsatz. „So muss nicht das ganze Produkt neu entwickelt werden, das erhöht die Geschwindigkeit und reduziert die Komponentenvielfalt“, sagt Petra Toischer.

Testo investiert laufend rund zehn Prozent des Jahresumsatzes in Forschung und Entwicklung.Testo

Testo investiert laufend rund zehn Prozent des Jahresumsatzes in Forschung und Entwicklung.

Ein positives Standort-Resümee zum Thema Innovation

Dr. Christian Rammer vom ZEW resümiert: „Die deutschen Unternehmen halten Ihre Anstrengungen im Bereich Innovation hoch. Sie haben ausreichend Projekte und Ideen in der Pipeline, um attraktive Angebote in den Markt zu bringen.“ Und auch Tobias Vogel von Igus ist überzeugt: „Es gibt noch immer ein riesiges Potenzial für Innovation made in Germany auf den Märkten der Welt.“

Hidden Champions in Deutschland

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