Hidden Champions sind vielfach sehr langlebige Unternehmen. Das setzt neben Top-Produkten beziehungsweise -Dienstleistungen einen guten Umgang mit (Wirtschafts-)Krisen sowie ein glückliches Händchen bei Nachfolgelösungen voraus. Wir haben uns die aktuell Hundertjährigen unter den Hidden Champions und ihre Erfolgsfaktoren näher angeschaut.
Weltkrieg, Ölkrise, Wirtschaftseinbrüche, Coronapandemie: Es gibt so einiges, was die heute Hundertjährigen unter den Hidden Champions erfolgreich gemeistert haben. Wie ist das gelungen? „Wir haben den Wandel aktiv gestaltet, ohne dabei unsere Wurzeln zu vergessen“, heißt es aus dem Unternehmen GKD. „Dazu gehört auch der Mut, sich von überholten Produkten zu trennen. Veränderungsfähigkeit ist der Schlüssel“, unterstreicht Dr. Stephan Kufferath, Mitglied des Aufsichtsrats und ehemaliges Vorstandsmitglied bei GKD.
Im Folgenden stellen wir einige Hidden Champions näher vor, berichten, wie sie zurück und nach vorne blicken, welche Meilensteine und potenziellen Kipppunkte sie hatten.
Lara Kufferath, CEO von GKD in vierter Generation: „Der Slogan ‚For a heathier, cleaner, safer world‘ ist für uns Leitlinie.“
Technische Gewebelösungen von GKD begegnen uns heute in Millionen von Produkten: in Pkw, in Druckerpatronen oder in der Wasseraufbereitung. Selbst bei der ersten Mondlandung 1969 war GKD-Technologie an Bord. Gegenwärtig beschäftigt das in Düren ansässige Unternehmen über 800 Mitarbeitende an sechs Produktionsstandorten weltweit.
Doch von Beginn an, da die Geschichte stellvertretend für viele Hidden Champions ist: 1925 gründeten Josef Kufferath und sein Bruder Richard (der vier Jahre später ausstieg) die Drahtweberei Gebr. Kufferath. Zunächst stellten sie Siebe und Filter für die Kohleschlammentwässerung her. Dann entdeckte Josef Kufferath, dass sich die Drahtgewebe auch hervorragend für die Dichtung von Zylinderköpfen eignen – was neue Möglichkeiten für den Maschinen- und Motorbau eröffnete.
Nach dem Aufstieg der Einschnitt: Im Kriegsjahr 1944 musste die Firma samt ihrer Webstühle vorübergehend ins thüringische Schweina evakuiert werden. Als Josef Kufferath 1967 starb, adoptierte Witwe Aline ihren Cousin, der bereits seit Kriegsende im Betrieb mitgearbeitet hatte und sicherte damit die Zukunft des Familienunternehmens.
Der Stammsitz ist in Düren, doch GKD ist längst ein globales Unternehmen.
Neue Webtechniken und Materialien führten kurz darauf erneut zur Erschließung eines komplett neuen Marktes: Prozessbänder. So konnte GKD die Ölkrise nichts anhaben. 1976 firmierte das Unternehmen in GKD – Gebr. Kufferath um. 1982 wurde in den USA die erste Auslandstochtergesellschaft eröffnet, der Startschuss für die Internationalisierung. „Wie Yin und Yang“ wirkten ab 1983 die Brüder Ingo Kufferath, der Techniker und Tüftler, sowie Dr. Stephan Kufferath, der Vermarkter und Kaufmann, zusammen. 1984 kauften sie einen insolventen Wettbewerber, der größer und internationaler war als GKD.
Den nächsten Härtetest stellte der Zusammenbruch der Sowjetunion dar. Die Lager waren zu diesem Zeitpunkt gefüllt mit Geweben, die nicht mehr ausgeliefert werden konnten. Die Rettung? Erneut ein völlig neues Geschäftsfeld für Metallgewebe: die Architektur. Und heute? „Forschen wir an Lösungen für grünen Wasserstoff und Mikroplastikfiltration“, berichtet Ingo Kufferath, inzwischen Mitglied des Aufsichtsrats. Denn seit 2021 kümmert sich Lara Kufferath in vierter Generation um die Unternehmensentwicklung und strategische Entwicklung, seit 2024 als CEO. Die Vision: for a healthier, cleaner, safer world.
Ein zentraler Erfolgsfaktor: unser langfristig ausgerichtetes Wirtschaften, das Nachhaltigkeit vor kurzfristige Gewinne stellt.
Selbst begeisterter Biker: Guido Müller, Geschäftsführer von Busch+Müller in dritter Generation.
Das Meinerzhagener Unternehmen Busch+Müller widmet sich seit 1925 der Fahrradbeleuchtung und hat sich seitdem durch eine Vielzahl von Neuheiten als führende Marke für intelligente Beleuchtungslösungen an Fahrrad, MTB und E-Bike profiliert. Frühzeitig wurde das Potential von speziellem E-Bike-Licht erkannt.
„Unser Erfolg über ein ganzes Jahrhundert hinweg beruht auf mehreren zentralen Faktoren: einer konsequenten Innovationskultur, einem verantwortungsvollen, langfristig ausgerichteten Wirtschaften, das Nachhaltigkeit vor kurzfristige Gewinne stellt, und nicht zuletzt auf einer engagierten, hochmotivierten Mannschaft“, sagt Guido Müller, der das Familienunternehmen gemeinsam mit seinem Vater Dr. Rainer Müller in zweiter und dritter Generation führt. Mit Blick auf die Zukunft sieht er sowohl Chancen als auch Herausforderungen: „Nachhaltige Mobilität gewinnt weiter an Bedeutung und das Fahrrad bleibt ein zentraler Baustein in einer umweltbewussten, urbanen Zukunft. Gleichzeitig bremsen übervolle Lager die Erholung der Branche, und der Wettbewerbsdruck durch asiatische Anbieter mit aggressiver Preispolitik nimmt weiter zu. Wir stellen uns dem, indem wir uns klar differenzieren: durch technologische Führerschaft, konsequente Kundenorientierung und den Mut, auch in unsicheren Zeiten an unseren Werten festzuhalten.“
Frank Gfrörer, Sprecher des Vorstands von Blanc & Fischer: „Das Vermächtnis unserer Gründer ist bis heute unser Ansporn.“
In der privaten und professionellen Küche hat die in Oberderdingen ansässige Blanc & Fischer-Gruppe, Dachgesellschaft von mittlerweile fünf Unternehmen, ihre Nische gefunden. Heinrich Blanc und Karl Fischer gründeten 1925 unabhängig voneinander ihre Unternehmen Blanco (heute Spezialist für den Wasserplatz in der Küche) und E.G.O. (Komponentenhersteller für Hersteller von Hausgeräten), die jeweils eigene Erfolgsgeschichten schreiben. Bereits 1931 jedoch fanden die beiden Visionäre zusammen, sahen Synergien und wurden Partner.
„Das Vermächtnis unserer Gründer ist bis heute unser Ansporn. Ihr Pioniergeist sorgt auch gegenwärtig noch dafür, dass wir die Extrameile gehen, um unsere Kunden mit Technologieinnovationen und inspirierendem Design zu überzeugen. Dabei gilt weiterhin die Maxime, es den Menschen einfacher zu machen“, unterstreicht Frank Gfrörer, Sprecher des Vorstands, und blickt optimistisch in die Zukunft: „Menschen in aller Welt werden auch morgen kochen und Zeit in der Küche verbringen. Chancen sehen wir in den Themen Design und Individualisierung, Vernetzung und Vereinfachung sowie in angrenzenden Geschäftsfeldern.“
Festo-CEO Thomas Böck: „Automatisierung wird in bestehenden, aber auch in neuen Industrien eine immer wichtigere Rolle spielen.“
Albert Fezer und Gottlieb Stoll gründeten 1925 ihre eigene Firma, um stationäre Holzbearbeitungsmaschinen zu reparieren. Schnell stellten sie fest, dass sie selbst in der Lage sind, bessere Maschinen zu bauen. Anfang der 1930er Jahre gelang der Durchbruch mit der ersten tragbaren Motorsäge. Zeitgleich wurde die erste mobile Handkreissäge für Zimmerer auf den Markt gebracht. Und der erste „Rutscher“ ersetzte ab Anfang der 1950er-Jahre die mühsame Arbeit mit dem Handschleifklotz.
Aus Fezer & Stoll wurde später Festo. Der Geschäftsbereich Elektrowerkzeuge wiederum wurde im Jahr 2000 als eigenständiges Unternehmen Festool ausgegliedert, das seine unternehmerische Heimat in Wendlingen fand. So ging der Weg bei Festo und Festool in die erfolgreiche Eigenständigkeit.
Das weiterhin unabhängige Familienunternehmen Festo mit Hauptsitz Esslingen ist heute Global Player in der Automatisierungstechnik sowie der technischen Aus- und Weiterbildung. Ob Schieben, Drehen, Heben, Positionieren oder Umlagern von Werkstücken, Materialien und Produkten während ihres Entstehungsprozesses, ob Dosieren, Abfüllen, Drosseln oder Pumpen von Flüssigkeiten und Schüttgut in der Prozessindustrie: „Uns fasziniert Bewegung: pneumatisch, elektrisch, digital oder alles im Mix“, sagt CEO Thomas Böck und ist überzeugt: „Automatisierung wird in bestehenden, aber auch in neuen Industrien eine immer wichtigere Rolle spielen. Wir wollen als Innovationsführer weiter aktiv die Trends der Zukunft prägen.“ An rund 250 Standorten weltweit beschäftigt Festo aktuell etwa 20.600 Mitarbeitende. Der Umsatz lag 2024 bei rund 3,45 Milliarden Euro. Mehr als acht Prozent des Umsatzes werden jährlich in Forschung und Entwicklung investiert.
Barbara Austel, Aufsichtsratsvorsitzende von Festool und Enkelin des Firmengründers Gottlieb Stoll.
Festool hingegen zählt mit fast 900 Patenten zu den Marktführern von Elektrowerkzeugen für das professionelle Handwerk in den Segmenten Schreinerei, Holzbau und Malerhandwerk. Das Unternehmen gilt unter anderem bei der Staubabsaugung als Vorreiter und generell beim Gesundheitsschutz: So greift beispielsweise das Exoskelett „EcoActive“ Handwerkenden aktiv und innovativ unter die Arme. Rund 80 Prozent aller Festool-Maschinen werden in Deutschland gefertigt. Über 2.600 Mitarbeitende sind für diesen Hidden Champion tätig. „Die Tradition als starke Wurzeln zu sehen, aus denen immer wieder Neues wachsen kann, das war schon immer unsere Stärke. Deshalb geht von unserem Jubiläum auch ein starker Impuls für die Zukunft aus“, ist Barbara Austel sicher, Aufsichtsratsvorsitzende von Festool und Enkelin des Firmengründers Gottlieb Stoll.
Neben den genannten Unternehmen feiern in diesem Jahr die Hidden Champions Eichenauer Heizelemente, Kettenwulf, Marquardt und Wemhöner, ihr 100-jähriges Bestehen. 100 – eine beachtliche Zahl, happy birthday! Auf unserem Portal sind zudem einige Unternehmen gelistet, die bei ihrem Gründungsdatum sogar die 18 oder 17 vorne stehen haben, was die Langlebigkeit dieser Unternehmens-Spezies nochmals mehr unter Beweis stellt. Der älteste gelistete Hidden Champion, der – wie viele andere auch – gar nicht mehr so hidden ist: Faber-Castell (gegründet 1761).
Unsere Karte zeigt, wo Innovation und weltweiter Erfolg auch abseits der Metropolen stattfindet.
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