Pfisterer gelang der bisher erfolgreichste Börsengang in Deutschland im Jahr 2025. Der Spezialist für elektrische Verbindungstechnik für Stromnetzschnittstellen belegt damit, dass auch kleinere Unternehmen an der Börse groß rauskommen können und der Kapitalmarkt eine strategische Chance für Familienunternehmen sein kann. Das Ziel in diesem Fall: Wachstum finanzieren.
Der Energieinfrastrukturmarkt, in dem sich Pfisterer bewegt, verspricht für die nächsten Jahre hohes Wachstum. Johannes Linden, Sprecher des Vorstands, zeigte als Referent auf dem Strategie-Gipfel der Familienunternehmen „MyWay“ in Berlin die Potenziale auf: „Der Strombedarf wächst, die angestrebte Dekarbonisierung und der zunehmende Einsatz von Artificial Intelligence sind Treiber der Entwicklung. Stromnetze müssen ausgebaut werden. Gleichzeitig ist der Erneuerungsbedarf auch bei den bestehenden Netzen hoch.“ Potenziale, die Pfisterer in hohem Maße abschöpfen möchte. Doch wie finanziert man den Ausbau der Produktionskapazitäten und die Investitionen in neue Technologien und Produkte für ein solches mögliches Wachstum? „Wir haben uns vorbehaltlos für die Börse entschieden“, berichtete Johannes Linden in Berlin.
Der Bulle steht für steigende Aktienkurse. Johannes Linden (links) und Vorstandskollege Dr. Konstantin Kurfiss legen Hand an.
Mit kleinen Sachen wird oftmals viel mehr Geld verdient als mit Großen.
Caroline von Linsingen von der Deutsche Börse AG, Co-Referentin der MyWay-Masterclass, bescheinigte Pfisterer, der bisher erfolgreichste Börsengang in Deutschland im Jahr 2025 zu sein. Und das, obwohl manche Experten und Medien den Nischen-Anbieter im Vorfeld für zu klein und unbekannt für die Börse gehalten hatten. „Dabei wird mit kleinen Sachen oftmals viel mehr Geld verdient als mit Großen“, schmunzelte Johannes Linden während der Masterclass. Zur Einordnung: Das 1921 gegründete und in Winterbach bei Stuttgart beheimatete Unternehmen erwirtschaftete im Geschäftsjahr 2024 einen Umsatz von 383 Millionen Euro sowie einen Bruttogewinn EBITDA von 65 Millionen Euro. Der Hidden Champion ist weltweit mit 17 Betriebsstätten in 15 Ländern vertreten, darunter Produktionsbetrieben in Deutschland, Tschechien und den USA.
Vor zwei Jahren fasste man den Börsengang ins Auge. Dem Unternehmen kam zugute, dass mit Prof. Dr. Wolfgang Blättchen ein unabhängiger Berater für Finanzierungs- und Kapitalmarktfragen Vorsitzender des Aufsichtsrats ist. Vorbereitend wurde Pfisterer 2023 in eine Europäische Aktiengesellschaft (SE) umgewandelt. Die Rechnungsstellung erfolgt seitdem auf Basis der International Financial Reporting Standards (IFRS). Im Sommer 2024 gab die Pfisterer-Führung zudem eine Marktstudie in Auftrag, die das Unternehmen und sein Business aus externer Perspektive beleuchtete. „Im November 2024, sieben Monate vor dem Börsengang, sind wir dann ins Gespräch mit Banken gegangen. Vier Banken kristallisierten sich als unsere Partner heraus. Federführend waren Berenberg und Commerzbank an dem IPO-Projekt beteiligt, daneben haben uns die ICF Bank und die LBBW Landesbank Baden-Württemberg unterstützt", gab Johannes Linden Einblick in den Prozess. Im Vorfeld des Börsengangs wurden außerdem Gespräche mit 150 potenziellen Investoren geführt.
Geschafft: Dr. Konstantin Kurfiss und Johannes Linden läuten die Börsenglocke.
Am 14. Mai 2025 feierte Pfisterer sein Börsendebüt im Freiverkehrs-Segment „Scale“ für kleinere und mittelgroße Unternehmen der Frankfurter Wertpapierbörse. „Wir hatten super Support durch die Deutsche Börse“, unterstrich Johannes Linden. Beispielsweise hat die Deutsche Börse eine Kooperation mit dem Werbevermarkter Ströer. Über dessen Screens an öffentlichen Orten, ob U-Bahn-Stationen oder Flughäfen, liefen unter anderem Videos des Pfisterer-Börsengangs und bescherten dem Hidden Champion eine ganz neue Sichtbarkeit. Der Ausgabepreis der Pfisterer-Aktie lag bei 27 Euro, der erste Kurs bei 30 Euro, was eine Marktkapitalisierung von ca. 489 Millionen Euro bedeutete. „Bei der Festlegung des Ausgabepreises war uns eine hohe Wahrscheinlichkeit wichtig, dass der Kurs direkt von Anfang an nach oben geht. Ohnehin wollen wir stets einen realistischen Blick in die Zukunft werfen und die Prognosen einhalten“, betonte der Vorstandssprecher. Obwohl nicht gefordert, orientiert sich Pfisterer an den strengeren Transparenzregeln des „Prime Standards“ und veröffentlicht unter anderem ausführliche Quartalsberichte. Diese Maßnahmen, aber auch die generellen Compliance-Anforderungen an börsennotierte Unternehmen, liegen der Aussage von Johannes Linden zugrunde: „Die Börse macht uns zu einem besseren Unternehmen.“ Das Vertrauen ist da: Rund um den Tag der MyWay-Masterclass am 24. September notierte der Kurs bei gut 70 Euro, woraus sich eine aktuelle Marktkapitalisierung von 1,3 Milliarden Euro ergibt. Damit sieht sich Pfisterer gerüstet, um an der Energiewende und der Modernisierung der weltweiten Stromnetze zu partizipieren. Laut Johannes Linden „stark steigende Auftragseingänge“ spiegeln die Entwicklung.
Die Teamleistung, mit der wir auf das Ziel und den Termin hingearbeitet haben, war großartig.
Natürlich sei die Vorbereitung des Börsengangs viel Arbeit gewesen. Johannes Linden aber schwärmte „von der enormen Teamleistung, mit der wir auf das Ziel und den Termin hingearbeitet haben“. Seit jeher sei die Identifikation der Mitarbeitenden mit dem Unternehmen hoch. Die mögliche Beteiligung war ein zusätzlicher Anreiz. „Jedem deutschen Mitarbeitenden, der für 1.000 oder 2.000 Euro Aktien gekauft hat, haben wir Belegschaftsaktien in derselben Höhe geschenkt, denn bis zu 2.000 Euro müssen diese nicht versteuert werden“, erläuterte Johannes Linden und resümierte erfreut: „Fast 90 Prozent haben das Angebot genutzt.“ Sie sind damit nun am Unternehmen beteiligt.
Die Frankfurter Börse am 14. Mai 2025 im Pfisterer-Look.
Doch nicht nur das ist ein Baustein für die weitere Unabhängigkeit des Unternehmens. Karl-Heinz Pfisterer, Enkel des Firmengründers und Ehrenvorsitzender des Aufsichtsrats, der über 50 Jahre Verantwortung für das Unternehmen getragen hat, hält als Hauptaktionär 46 Prozent der Aktien. Inzwischen ist er 83 Jahre alt und hat keine Nachkommen. Doch für die Zukunft ist vorgesorgt: Langfristig soll die gemeinnützige und mit allen unternehmerischen Möglichkeiten ausgestattete KAP Stiftung die Anteile von Karl-Heinz Pfisterer übernehmen.
Und was wünscht sich das börsennotierte Unternehmen Pfisterer von der Politik? „Mehr und nicht weniger Europa“, so die Antwort von Johannes Linden. Bedeutet konkret: „Jedes Land hat seine eigene Regulierungsbehörde, Deutschland beispielsweise mit der Bafin eine Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht. Mit einer Kapitalmarktunion würde der Kapitalfluss besser funktionieren. Noch haben wir da einen Nachteil gegenüber den USA.“
Unsere Karte zeigt, wo Innovation und weltweiter Erfolg auch abseits der Metropolen stattfindet.
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Nehmen Sie mit uns Kontakt auf, wenn Sie einen Hidden Champion kennen und dieser bisher nicht bei uns aufgelistet wird.
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