Serie: Vom Hidden zum Visible Champion
Marquardt

Serie: Vom Hidden zum Visible Champion

Teil 1 – Warum Sichtbarkeit so wichtig ist und nicht mit Bekanntheit verwechselt werden sollte.
05.08.2025von Stefanie Hütz

In ihren Märkten ragen sie heraus. In der breiten Öffentlichkeit indes sind die deutschen Wirtschafts-Champions des Mittelstands vielfach noch immer hidden – zumindest im Vergleich zu Konzernen wie Volkswagen, Siemens oder SAP. Wie sich das ändern lässt und welche Unternehmen sich mit welchen Konzepten auf den Weg machen, beleuchten wir in dieser Serie.

Rainer Grill schrieb auf LinkedIn, dass er „als Öffentlichkeitsarbeiter immer innerlich zuckt, wenn Ziehl-Abegg als ‚Hidden Champion‘ bezeichnet wird“. Begründung: „Solange wir hidden sind, mache ich meinen Job nicht richtig.“ Bekanntlich agiert Rainer Grill bei dem Ventilatorenhersteller aus Künzelsau sehr erfolgreich, wir berichteten hier. Mal abgesehen davon, dass unser Portal den Begriff Hidden Champions als Ehrentitel für Unternehmen betrachtet, der – mit Fokus auf den Part Champion – mit Stolz getragen werden kann: Rainer Grill macht mit seinem Statement und mehr noch mit seinen Aktivitäten deutlich, für wie wichtig er Sichtbarkeit hält. Um genau zu dieser Sichtbarkeit beizutragen, ist das Hidden-Champions-Portal an den Start gegangen.

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Der Mittelstand tut zu wenig für die eigene Sichtbarkeit.

Markus Lievenbrück, Geschäftsführer der Markenagentur °F
Markus Lievenbrück, Geschäftsführer der Markenagentur°F, die auf B2B-Marketing für den Mittelstand spezialisiert ist.

Markus Lievenbrück, Geschäftsführer der Markenagentur°F, die auf B2B-Marketing für den Mittelstand spezialisiert ist.

„Nur wer sichtbar ist, wird gesehen“, bringt es Dr. Dominik von Au auf den Punkt, geschäftsführender Gesellschafter von Peter May Family Business Consulting. Markus Lievenbrück, Geschäftsführer der Markenagentur °F, bemerkt zugleich: „Einige Hidden Champions glauben, sie seien sehr bekannt. Viele verwechseln dabei aber Bekanntheit und Sichtbarkeit. Ja, Hidden Champions sind in ihren Nischen bei Kunden und Marktbegleitern bekannt. Aber das ist meist nicht der Verdienst einer strategischen Markenführung und strukturierten Marktbearbeitung. Es ist das Ergebnis herausragender Produkte, des Labels ‚Made in Germany‘ und begrenzter, aber wachsender Märkte. Diese ‚passiv‘ erworbene Bekanntheit hat nichts mit echter Sichtbarkeit zu tun.“

Markus Lievenbrück erklärt: „Sichtbarkeit bedeutet, dass Unternehmen steuern, wann sie wo mit welcher Botschaft bei ihren Kunden präsent sind. Und das nicht nur fünf Tage im Jahr auf Messen, sondern 24/7 über alle relevanten Kanäle hinweg.“ Die Wahrnehmung des Experten: „Kaum ein Hidden Champion ist meines Erachtens bisher wirklich sichtbar am Markt – vom öffentlichen Raum ganz zu schweigen.“ Und das sollte dringend geändert werden, denn: „Da der Wettbewerb härter geworden ist, reicht künftig die alte Bekanntheit nicht mehr – es braucht strategische Sichtbarkeit“, ist Markus Lievenbrück überzeugt.

Marquardt mit sehenswertem Hidden-Champions-Video

Im Unternehmen Marquardt ist man sich dessen bewusst. Der in Baden-Württemberg beheimatete Hidden Champion, in diesem Jahr seit 100 Jahren am Markt, hat einen Workshop mit Kolleginnen und Kollegen aus unterschiedlichen Fachbereichen, Altersgruppen und Nationen durchgeführt. Aus den Rückmeldungen entstand das Konzept für einen nahbaren Imagefilm mit Wortwitz und Selbstironie. Der Mechatronik-Spezialist kokettiert darin damit, dass kaum einer das global agierende Familienunternehmen kennt. „Woran erkennt man einen Hidden Champion? Na klar, er ist versteckt. Zum Beispiel in Rietheim-Weilheim“, heißt es im Video. Menschen auf der Straße wurden nach dem Unternehmen gefragt. Das Spektrum an Antworten reicht von: „Marquardt? Kenne ich nicht.“ bis zu „Mein Sohn und meine Schwiegertochter schaffen da.“ International, auch das wird in dem Beitrag dargestellt, tun sich viele Menschen schwer, dass „qu“ in Marquardt auszusprechen. Ein quakender Frosch spielt humorvoll darauf an. Familiennamen, wie sie viele Hidden Champions tragen, sind eben nicht immer so eingängig wie von Werbefachleuten erschaffene Brandnames. Marquardt veranschaulicht außerdem, dass seine Zulieferprodukte in Endprodukten ebenfalls hidden sind. Und gleichzeitig Champions, „weil ohne sie nichts läuft“. Wozu das Video einen Beitrag leisten soll, wird an dessen Ende formuliert: Marquardt will in der öffentlichen Wahrnehmung künftig „nicht mehr hidden, aber umso mehr Champion sein“.

Dr. Dominik von Au, geschäftsführender Gesellschafter von Peter May Family Business Consulting.

Dr. Dominik von Au, geschäftsführender Gesellschafter von Peter May Family Business Consulting.

Hidden Champions sollten noch mehr zu Leuchttürmen werden

Aus Sicht von Dr. Dominik von Au „gibt es viele Themen, die es gerade jetzt besonders wichtig machen, dass Familienunternehmen und Unternehmerfamilien Leuchttürme sind“. Er nennt Beispiele: „Im Kampf um Fachkräfte haben diejenigen Unternehmen einen Vorteil, die sich als attraktiver Arbeitgeber mit guter Arbeitsatmosphäre präsentieren. Gegenüber der Politik wiederum ist es wichtig, sich meinungsstark zu Wort zu melden, um klarzumachen, was sich ändern muss, damit Familienunternehmen auch weiterhin das starke Rückgrat der deutschen Wirtschaft sein können.“

Wie also werden Hidden zu Visible Champions? Es gelte, so Dr. Dominik von Au, mit inhaltsstarkem Content – transportiert durch zeitgemäße Instrumente des Marketings – Relevanz zu vermitteln und notwendige Aufmerksamkeit zu bekommen.“ Im ersten Schritt aber braucht es ehrliche, schonungslose Analysen, betont Markus Lievenbrück. „Wer sind wir, und wo wollen wir hin?“, lauten zwei zentrale Fragen. „Entscheidend ist, dass dieses Lagebild und die darauf aufbauende Strategie nicht allein im Management erstellt werden, sondern ein abteilungsübergreifendes Team daran arbeitet. Strategische Sichtbarkeit ist keine reine Marketingaufgabe, sondern Aufgabe des gesamten Unternehmens.“

Markus Lievenbrück verweist auf das Zitat von Peter F. Drucker: „Business has only two functions – marketing and innovation. All the rest are costs.“ Um den Marketingaspekt zu stärken, empfiehlt er folgende Vorgehensweise:

  • 1.       Strategische Grundlagen schaffen

„Bevor über Kanäle und Maßnahmen diskutiert wird, muss das abteilungsübergreifende Team die Identität des Unternehmens schärfen.“

Dr. Dominik von Au betont: „Die meisten Familienunternehmen haben bei der Wandlung vom Hidden zum Visible Champion bereits einen klaren Vorteil: Unternehmenskultur und Werte müssen sie nicht von einer Marketingagentur kreieren lassen – diese sind in der Regel seit Generationen das Fundament und Selbstverständnis von Unternehmen und Familie. Sie müssen nur neu entdeckt, auf den Punkt gebracht und ausformuliert werden.“

  • 2.       Kundenzentrierte Kommunikation entwickeln

„Strategische Sichtbarkeit bedeutet, in der Sprache der Kunden zu sprechen, nicht in der eigenen Fachsprache. Die Innovation sollte nicht nur im Produkt liegen, sondern auch in der Art, wie darüber kommuniziert wird“, verweist Markus Lievenbrück auf einen zweiten wichtigen Faktor.

  • 3.       Systematische Marktpräsenz aufbauen

„Es braucht kontinuierliche Präsenz über relevante Kanäle – vom Geschäftsführer als Meinungsführer bis zur Website als zentrale Anlaufstelle“, gibt der Fahrenheit-Geschäftsführer den dritten zentralen Aspekt der Agenda vor.

Nach der Theorie die Praxis: In den kommenden Serien-Beiträgen stellen wir die Strategien von fünf Hidden Champions ganz konkret vor, bleiben Sie dran!

Hinweis in eigener Sache: Sie möchten als Hidden Champion und Arbeitgeber-Marke sichtbarer werden? Dafür bietet sich unser Jobportal an. Nehmen Sie gerne Kontakt auf.

Hidden Champions in Deutschland

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